Das Tageszentrum als Chance zur Stabilisierung der häuslichen Betreuungssituation

vom 14.03.2023

Viele Eintritte in Altersheime finden kurzfristig und aus Situationen grosser Not statt. Solche Sofortübertritte stellen für Direktbetroffene wie auch pflegende Angehörige nicht selten dramatische Einschnitte ins eigene Leben dar, die als sehr belastend empfunden werden. Lesen Sie im Folgenden, wie das Tageszentrum für Alterspsychiatrie mit seinen ambulanten Angeboten den Heimeintritt hinauszögern kann, Angehörige entlastet und dabei auch in finanzieller Hinsicht interessante Perspektiven zu bieten hat.

Möglichst lange zu Hause wohnen – das ist der Wunsch der meisten älteren Menschen, wie repräsentative Umfragen immer wieder zeigen. Nicht selten setzen pflegende Angehörige alles daran, diesen Wunsch zu erfüllen und nehmen dazu viel – manchmal sogar zu viel – auf sich. Der zeitenweise Aufenthalt in einem Tageszentrum hilft, dass intensive häusliche Betreuungssituationen nicht mit physischer und psychischer Überlastung und sozialer Isolation enden müssen. Davon berichtet im Folgenden Nadja Papst, die Leiterin des Tageszentrums für Alterspsychiatrie im Haus Tabea.

Entlastung der pflegenden Angehörigen

Nadja Papst weiss aus Erfahrung: „Die Betreuung von älteren Personen mit einer psychischen Grunderkrankung im häuslichen Umfeld ist meist sehr komplex. Die zu betreuenden Personen sind zwar nicht immer auf körperliche Pflege angewiesen, benötigen aber oft eine möglichst lückenlose Beaufsichtigung. Die Koordination dieses schwierigen Betreuungsalltags kann so zeitaufwändig sein, dass für Angehörige eine erfüllende Teilnahme am sozialen Leben ausserhalb der eigenen vier Wände kaum mehr möglich ist“. Die Leiterin des Tageszentrums gibt weiter zu bedenken: „Zudem sind Personen, die zu Hause betreut werden, vielfach von aktivierenden und/oder therapeutischen Angeboten ausgeschlossen. Insbesondere für Menschen mit einer psychischen Grunderkrankung wären solche Angebote aber wichtig, um degenerative Entwicklungen zu verlangsamen.“ Das ambulante Tageszentrum für Alterspsychiatrie im Haus Tabea bietet eine Tagesstruktur mit vielseitigen, unterstützenden Angeboten. Es entlastet damit betreuende Angehörige und bietet bei Bedarf auch ein Notfallangebot für kurzfristige, tageweise Betreuung.

Stabilisierung des Gesundheitszustands

Das Tageszentrum im Haus Tabea ist montags bis freitags von 08.00-17.00 Uhr geöffnet. Ein Aufenthalt ist wahlweise an einem oder mehreren Tagen pro Woche möglich. „Die zeitenweise Entlastung von Aufsicht und Verantwortung ermöglicht betreuenden Angehörigen eine Verschnaufpause und eröffnet den Tagesgästen neue Perspektiven“, erklärt Nadja Papst. Ziel des Aufenthalts im Tageszentrum ist es, den Gästen selbstbestimmt positive Erlebnisse zu ermöglichen. Sie treten mit anderen, von ähnlichen Situationen betroffenen Menschen in Kontakt, gewinnen Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und nehmen die Verantwortung für ihre Tagesstruktur in die eigenen Hände. „Das trägt nachweislich zur Verlangsamung von degenerativen Entwicklungen bei“, weiss Nadja Papst. „Es tritt eine Stabilisierung des Gesundheitszustandes ein. Dieser Umstand, gepaart mit der zeitenweisen Entlastung der Angehörigen, kann einen Heimeintritt in vielen Fällen hinauszögern.“

Einsparungen dank späterem Heimeintritt

Markus Buck ist Geschäftsleiter des Alterszentrums Haus Tabea in Horgen und hat die Realisierung des Tageszentrums eng begleitet. Er erläutert im Folgenden die sowohl für Private wie auch Gemeinden interessanten finanziellen Perspektiven:

„Die langjährige Erfahrung hat gezeigt, dass bei Personen, die im Haus Tabea auf die stationäre alterspsychiatrische Abteilung eintreten, aufgrund ihrer bereits erheblich beeinträchtigten gesundheitlichen Verfassung im Durchschnitt eine Einteilung in die BESA-Stufen[1] 5 oder 6 vorgenommen werden muss“, hält Markus Buck fest und fährt fort: „Im Gegensatz dazu kann bei einem Gast des Tageszentrums in der Regel von einem weniger hohen Pflegebedarf ausgegangen werden. Der Durchschnitt liegt meist unter BESA-Stufe 2. Kann nun eine Person mit der Unterstützung durch die ambulanten Angebote des Tageszentrums weiterhin zu Hause wohnen, reduzieren sich die Kosten im Vergleich zu einem Heimeintritt um rund 35 %.“ Diese Berechnungen basieren auf der Annahme, dass der Gast das Tageszentrum zwei Mal wöchentlich besucht. Dafür bezahlt er eine Pauschale von 85 Franken pro Tag, zuzüglich den Selbstbehalt der Pflegetaxe von 23 Franken pro Tag. Die Tagespauschale schliesst die Teilnahme an den Gruppenaktivitäten und therapeutischen Angeboten ein und beinhaltet Frühstück, Mittagessen, Kaffee, Tee und Mineralwasser. Wichtig zu wissen ist, dass zu dieser Tagespauschale ein Beitrag der öffentlichen Hand in Höhe von 70 Franken (Stand März 2023) hinzukommt. Dieser Beitrag wird unter bestimmten Voraussetzungen entrichtet, deren Abklärung durch das Haus Tabea sowie durch den Hausarzt/die Hausärztin bzw. den/die Psychiater/in erfolgt. Markus Buck fasst zusammen: „Für eine Person, die zu Hause lebt und an acht Tagen pro Monat die ambulanten Angebote unseres Tageszentrums in Anspruch nimmt, entstehen monatlich Einsparungen um die 3000 Franken im Vergleich zum stationären Aufenthalt im Heim.“ Nicht berücksichtigt in dieser Kostenberechnung sind selbstverständlich Auslagen für Kleider, Arztbesuche, Steuern etc., die unabhängig von der Unterbringung entstehen.

Lösung im Interesse der Wohngemeinden

Doch nicht nur für Private stellt das Tageszentrum eine finanziell attraktive Lösung dar, sondern auch für die öffentliche Hand. Bekanntlich sind die Gemeinden basierend auf dem Prinzip der Restkostenfinanzierung dazu verpflichtet, diejenigen Kosten der Pflegetaxe zu übernehmen, die nach Abzug der Eigenbeteiligung und dem Beitrag der Krankenversicherung verbleiben. Das Prinzip der Restkostenfinanzierung besteht, egal ob eine Person stationär im Heim untergebracht ist oder ein ambulantes Tageszentrum besucht. Markus Buck erklärt dazu: „Ausgehend auf der oben beschriebenen Annahme, dass ein Tageszentrum-Gast einen marginalen Pflegebedarf und dadurch eine geringere BESA-Einstufung aufweist als ein Heimbewohner, sind die Gemeinden daran interessiert, dass möglichst viele ihrer Einwohnerinnen und Einwohner die ambulanten Angebote des Tageszentrums beanspruchen und dadurch ein Heimeintritt zeitlich hinausgeschoben werden kann. Denn vergleicht man die monatlich anfallenden Kosten für die stationäre Unterbringung mit der Möglichkeit weiterhin zu Hause zu wohnen und dem gleichzeitigen Besuch des Tageszentrums an zwei Tagen pro Woche, entstehen für die öffentliche Hand Einsparungen von bis zu 50%.“ Die neun Gemeinden des Bezirks Horgen haben sich bereit erklärt, dieses Einsparungspotential in Form eines finanziellen Beitrags in Höhe von 70 Franken pro Gast/Tag an die preissensitiven Gäste weiterzugeben. Dadurch konnte die Tagespauschale bei aktuell 85 Franken pro Gast festgesetzt werden.

Markus Buck bilanziert: „Das alles zeigt, dass mit der Realisierung des Tageszentrums für Alterspsychiatrie eine wichtige Lücke im Versorgungsangebot geschlossen wurde. Unser Tageszentrum entspricht dem Credo „ambulant vor stationär“ und ist dadurch für Private wie auch Gemeinden von grösstem Interesse und Nutzen.“

[1] Mit dem BESA-System (BewohnerInnen-Einstufungs- und Abrechnungssystem) werden die Pflegeleistungen nach klar vorgegebenen Richtlinien erfasst.


Alterszentrum Haus Tabea
Schärbächlistrasse 2
8810 Horgen

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